Perspektiven in Zeiten der Krise.

Die Welt steht still. Was kann Kultur in einer globalen Krisensituation leisten? 

Sie kann stützen, motivieren, Impulse liefern, Perspektiven zeigen. 

#StandWithUkraine

#StandWithUkraine

Tetiana Chernetska
Projektmanagerin in der Ukraine

Das Frauenmuseum Hittisau arbeitet seit zwei Jahren mit dem Gender Museum in Kharkiv am Creative-Europe-Projekt “Birth Cultures” zusammen. Unsere Jubiläumsausstellung “geburtskultur. vom gebären und geboren werden” ist – bestückt mit ukrainischen Exponaten – derzeit in Kharkiv. 

Im August 2021 haben uns unsere ukrainischen Freundinnen Tetiana Chernetska (Projektmanagerin bei der NGO Centre of Gender Culture), Tetiana Isaeva (Direktorin des Gender Museum in Kharkiv) und Mariya Chorna (Gestalterin) anlässlich der internationalen IAWM Konferenz der Frauenmuseen in Hittisau besucht. Erst letzten Herbst haben wir sie anlässlich der Eröffnung der Geburtskulturausstellung im Gender Museum in Kharkiv getroffen. 

 
 

Schwangere Frauen entbinden in U-Bahn-Stationen und in Kellern von Geburtshäusern.

Tetiana Chernetska

 

Unsere Gedanken sind bei ihnen und ihren Familien. Wir möchten unsere tiefe Solidarität zum Ausdruck bringen und das kurze Interview, dass Stefania Pitscheider Soraperra am 1. März 2022 mit Tetiana Chernetska geführt hat, mit Ihnen teilen. 

FMH: Wie geht es euch, seid ihr derzeit in Sicherheit? Kannst du uns die Situation beschreiben? 

Tetiana Chernetska: Heute ist der sechste Tag dieses Krieges. Vor sechs Tagen wurde ich um 5 Uhr morgens durch den Knall einer Explosion geweckt. Eine Luftabwehreinheit wurde sieben Kilometer von meinem Haus entfernt in die Luft gesprengt und russische Panzer rückten nach Kharkiv vor. Von diesem Moment an änderte sich mein Leben rapide. Alle Pläne wurden gestrichen. Ich versuche, mit meinen Freund:innen, Verwandten und Kolleg:innen in Kontakt zu bleiben, nur um zu wissen, dass sie noch leben und um sie zu unterstützen... ich verfolge die Nachrichten... ich bete für unsere Soldaten... 

Im Moment bin ich in Sicherheit, weil die russischen Truppen ihren Beschuss eingestellt haben. Sie haben in diesen Tagen viel getan. Gestern wurden 87 Gebäude zerstört. Heute griffen sie unsere regionale Staatsverwaltung und das Stadtzentrum an. Sie töten Zivilist:innen, darunter auch unschuldige Kinder. 

FMH: Wie steht es um die Lebensmittelversorgung und die medizinische Betreuung? 

Tetiana Chernetska: Die meisten Geschäfte und Supermärkte sind geschlossen. Nur wenige sind ab und zu in Betrieb. Wenn du Brot brauchst, musst du früh morgens in ein Geschäft gehen. Dort gibt es eine lange Schlange. Das Gleiche gilt für die Apotheken. Krankenhäuser und Geburtshäuser sind in Betrieb. Schwangere Frauen entbinden in U-Bahn-Stationen und in Kellern von Geburtshäusern. 

FMH: Könnt ihr im Moment arbeiten? Wurde das Gender Museum durch die Kämpfe beeinträchtigt? 

Tetiana Chernetska: Wir haben gerade Internet und Strom, so dass ich arbeiten kann, wenn es keinen Beschuss gibt. Unser Sponsor hat uns erlaubt, Geld zu refinanzieren, so dass wir versuchen können, Lebensmittel und alltägliche Dinge für bedürftige Gruppen zu kaufen. Das Gender Museum ist jetzt sicher. 

FMH: Nach unseren Informationen dürfen Männer über 18 Jahren die Ukraine nicht verlassen. Was bedeutet das für die Frauen, die Kinder, die älteren Menschen? 

Tetiana Chernetska: Das ist richtig. Frauen, Kinder und ältere Menschen können die Ukraine ohne Männer verlassen. Und viele von ihnen tun das auch.  

 
 

Die Ukraine zu unterstützen bedeutet, die friedliche Zukunft ganz Europas zu schützen.  

Tetiana Chernetska

 

FMH: Kannst du dir vorstellen, die Ukraine zu verlassen? 

Tetiana Chernetska: Ja. Für den Fall, dass Russland die Ukraine besetzt, kann ich mir meine Zukunft hier nicht vorstellen. Aber ich hoffe, dass die Ukraine unabhängig sein wird und ich hier arbeiten werde. 

FMH: Was bedeutet die russische Aggression für die Kulturschaffenden im Lande?  

Tetiana Chernetska: Die russische Aggression hat viele Kulturgüter zerstört, z. B. die Philharmonie in Kharkiv, das Kunstmuseum mit den Zeichnungen von Mariia Priimachenko usw. Andererseits hat die russische Aggression die Bildung einer ukrainischen Kulturnation gefördert. Immer mehr Menschen sprechen nun Ukrainisch, sie identifizieren sich als Ukrainer und sind stolz darauf.  

FMH: Was ist eure Botschaft an die Kulturwelt? Was ist eure Botschaft an die Politik?  

Tetiana Chernetska: Heutzutage kämpfen die Ukrainer:innen für die europäischen Werte und die Zukunft. Die Ukraine zu unterstützen bedeutet, die friedliche Zukunft ganz Europas zu schützen.  

#StandWithUkraine #yeswecare #birthculture

 

Images © FMH / Stefania Momo Beck & FMH / Katharina Rohner

Mäzenin der Gemeinde Hittisau

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Das höchste symphonische Talent unter den Frauen

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